Am Ende fliegen Silvesterraketen in den Nachthimmel von Schlüttsiel. Abgefeuert aus einer Menge, die zuvor den Fähranleger blockierte, eine Polizeikette durchbrach und den urlaubenden Vizekanzler Robert Habeck zur Abreise zwang. Gerade noch rechtzeitig hatte das Schiff vom Hafen abgelegt, wenige Augenblicke, bevor die Demonstranten die Fähre stürmen konnten.

Die Bilder von den Protesten der aufgebrachten Landwirte verbreiteten sich schon am vergangenen Donnerstagabend schnell. Die Tagesschau berichtete über die "Eskalation in Schlüttsiel", der Regierungssprecher sprach am Tag darauf von einer "Verrohung politischer Sitten", der Bauernverband rief die Demonstranten vor der angekündigten Protestwoche, die am Montag begann, zur Mäßigung auf.

Es sei eine Grenzüberschreitung gewesen, so lautete in den folgenden Tagen der Tenor. Einem Minister im Urlaub aufzulauern, sein Gesprächsangebot auszuschlagen und sich stattdessen gewaltsam Zugang zum Schiff verschaffen zu wollen, das alles bewege sich nicht mehr im Rahmen eines legitimen Protests. Mittlerweile ermittelt der Staatsschutz der Polizeidirektion Flensburg wegen Nötigung und Landfriedensbruch gegen unbekannt.

Was bislang ebenfalls unbekannt war, ist, wie der Protest überhaupt zustande gekommen war. Wie erfuhren die Landwirte und die anderen Protestierenden von Habecks Reise auf die Hallig Hooge und seiner Ankunft am Hafen von Schlüttsiel? Wer mobilisierte die Demonstranten?

Recherchen der ZEIT legen nahe, dass der Ursprung der Proteste in rechtsradikalen Kreisen liegt. Es geht um eine Frau, die für die AfD bei einer Wahl antrat und offenbar der Verschwörungsideologie der QAnon-Bewegung anhängt. Und es geht um einen bekannten Lohnunternehmer aus Nordfriesland, der mit seiner Firma für Landwirte unter anderem Gülle und Saatgut ausfährt und seine Fahrzeuge mit Fahnen schmückt, auf denen das Symbol der rechtsradikalen Landvolkbewegung prangt.

Dies bedeutet nicht, dass alle Landwirte, die am Fähranleger protestierten, rechtsradikal sind, im Gegenteil. Ein Augenzeuge von der Hallig, der mit der Fähre nach Hause fahren wollte, beschreibt die Stimmung als "überwiegend friedlich". Insgesamt sei dort "kein Alarm" gewesen. Nach der Eskalation mit der Polizei distanzierten sich einige Landwirte öffentlich. Ein anderer versichert im Gespräch mit der ZEIT, dass ihnen die Entwicklung des Abends leidtue, dass die Privatsphäre von Habeck nicht geachtet wurde und die ganze Aktion "total aus dem Ruder gelaufen" sei. Der Demonstrant sagt, er würde sich gerne dafür bei Habeck entschuldigen. Auch der Chef des Schleswig-Holsteinischen Bauernverbands erklärte, das sei keine gute Form des Protests gewesen, es dürfe keine Gewalt geben.